Eine Steuer auf "To Go"-Verpackungen – auch in Bremen und Bremerhaven? - buten un binnen

2022-09-10 13:14:05 By : Ms. Kerry Y

Standdatum: 20. Februar 2022. Autorinnen und Autoren: Carolin Henkenberens

Die Stadt Tübingen verlangt für Plastik- und Pappgeschirr seit Januar eine Steuer. Auch Bremens Umweltsenatorin zeigt sich dafür offen. Doch es gibt Bedenken und auch andere Wege.

Egal, ob Kaffeebecher, Pizzakarton oder Salat in der Plastikschale: In Deutschland entstehen der Bundesregierung zufolge täglich 770 Tonnen Verpackungsmüll durch Takeaway-Produkte. Gerade im Sommer quellen öffentliche Mülleimer über.

Die Stadt Tübingen in Baden-Württemberg erhebt deshalb seit dem 1. Januar eine Steuer auf "To Go"-Verpackungen. Sobald etwas unterwegs verzehrt werden soll, werden 50 Cent für Pappbecher oder Essensschalen fällig, 20 Cent für Einwegbesteck. Insgesamt höchstens 1,50 Euro. Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen) begründet die Steuer mit steigenden Kosten für die Müllbeseitigung im öffentlichen Raum. Die nach Hause gelieferte Pizza bleibt darum steuerfrei. Tübingen ist die einzige Kommune mit so einer Steuer.

Wir werden im Moment nicht der ganzen Plastikflut, gerade der Einwegverpackungen, Herr. Und deswegen müssen wir nach Lösungen suchen. Und wenn eine Lösung eine Besteuerung ist, dann ist das etwas, was wir auf jeden Fall prüfen.

Wie kommt das in Bremen und Bremerhaven an? Wäre das auch hier denkbar? "Ich stehe dem extrem offen gegenüber", sagt Bremens Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne). Sie sehe die Vorteile. "Wir werden im Moment nicht der ganzen Plastikflut, gerade der Einwegverpackungen, Herr. Und deswegen müssen wir nach Lösungen suchen. Und wenn eine Lösung eine Besteuerung ist, dann ist das etwas, was wir auf jeden Fall prüfen."

Allerdings: Eine Tübinger McDonald's-Filiale klagt gegen die Steuer. Schon in den 1990ern hatte das Bundesverfassungsgericht eine Einweg-Verpackungssteuer der Stadt Kassel gekippt. Die Begründung lautete, dass der Bund für Abfallrecht zuständig sei. Deshalb bleibt Senatorin Schaefer trotz grundsätzlicher Offenheit zurückhaltend. "Ich bin juristisch nicht ganz überzeugt, dass man das als Kommune mit dem Steuerrecht so vereinbaren kann", sagt sie. Zudem fände die Senatorin eine bundesweite Lösung besser.

Auch der Bremerhavener Magistrat aus SPD, CDU und FDP hat sich schon 2020 mit der damals angekündigten Tübinger Einweg-Steuer beschäftigt, sagt Stadtsprecher Volker Heigenmooser. Experten der Stadt hätten geprüft, ob eine solche kommunale Steuer rechtlich möglich wäre und seien zum Schluss gekommen, dass dies aufgrund der EU-Richtlinie 2019/904 durchaus möglich sei. Dennoch will der Magistrat den Ausgang des juristischen Verfahrens in Tübingen abwarten, sagt der Sprecher. Mit der Citytax, einer örtlichen Tourismusabgabe, habe Bremerhaven nämlich bereits einen Rechtsstreit laufen.

Die parteilose Umweltstadträtin Susanne Gatti steht einer Einweg-Steuer skeptisch gegenüber. Eine Steuer setze den Impuls frei, wie sie sich umgehen lässt. Sie wünscht sich einen positiveren Ansatz. "Aus meiner Sicht wäre es viel sinnvoller, wenn es ein Anreizsystem gäbe", findet Gatti. So könne ein Impuls dafür entstehen, nicht dagegen.

Solche Impulse sind bereits spürbar in Bremerhaven und Bremen. Einige Gastronomen, Bäckereien und Imbisse verleihen gegen ein Pfand von fünf bis zehn Euro Mehrweg-Boxen oder füllen Kaffee in mitgebrachte Becher. Jens Knauer aus Bremerhaven betreibt den Edeka Roter Sand und den zugehörigen Imbiss "Havenkombüse", wo er eine Mehrweg-Alternative anbietet. Knauer berichtet, nur wenige Kunden nutzten dies. Im gesamten Januar seien in der Kombüse nur fünf Mal Mehrweg-Essensboxen ausgegeben worden. "Mit der Corona-Pandemie ist das stark eingebrochen", bedauert Knauer. Er hofft, dass sich das bald wieder ändert.

Knauer wäre für eine Einweg-Steuer, sagt er. Mit dieser Ansicht scheint er eine Ausnahme zu sein. Viele befragte Imbiss-Betreiber in Bremerhaven sind dagegen. Sie argumentieren, die Preise stiegen ohnehin und der Lebensstandard sei in Tübingen auch ein anderer.

Auch ohne Einweg-Steuer nach dem Tübinger Vorbild muss sich die Branche ab 2023 Gedanken über Mehrweg machen. Das Verpackungsgesetz schreibt vor, dass Caterer, Lieferdienste und Restaurants ab einer Fläche von 80 Quadratmetern Verkaufsfläche und mit mehr als fünf Mitarbeitenden Mehrweg-Geschirr anbieten müssen. Die Einweg-Variante bleibt weiter erlaubt, darf aber nicht günstiger sein. Kleinere Betriebe und Imbisse sind verpflichtet, ihrer Kundschaft Essen und Getränke auf Wunsch in mitgebrachte Behältnisse zu füllen. Diese Vorgaben gelten dann EU-weit.

In Bremen und Bremerhaven könnte zudem bald eine Mehrweg-Pflicht bei öffentlichen Veranstaltungen wie der Breminale oder der Sail gelten. Ein Bündnis aus Bremer Veranstaltern und Festival-Organisatoren hatte genau das vor etwa einem Jahr von Umweltsenatorin Schaefer gefordert. Schaefer zeigt sich im Gespräch mit buten un binnen zuversichtlich, dass das Mehrweg-Gebot bei Großveranstaltungen für die Stadt Bremen bis zum Sommer beschlossen ist. Das würde bedeuten, dass nur Stände zugelassen werden, die auf Einweggeschirr verzichten.

In Bremerhaven hat die politische Diskussion über eine solche Pflicht bei öffentlichen Veranstaltungen gerade erst begonnen. Der Stadtverordnete Frank Lamy von der Fraktion Grüne PP, der den entsprechenden Antrag eingebracht hat, argumentiert, dass Bremerhaven als Stadt an der See das Plastik im Meer direkt vor Augen habe. Auch habe ein Mehrweg-Gebot eine positive Wirkung auf Touristen. Die Fraktionen von CDU und SPD sind offen für den Vorschlag, wollen aber erst mit den Schaustellern sprechen und über die genaue Umsetzung diskutieren. Skeptisch zeigt sich die FDP. "Viele nachhaltig produzierte Bestecke und Verpackungen haben mittlerweile eine bessere Ökobilanz als Mehrweg", sagt Partei- und Fraktionschef Hauke Hilz.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 17. Februar 2022, 14.38 Uhr.

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