Pilotprojekt für Mehrwegbecher in Berlin: Pfandbecher in der U-Bahn

2022-09-10 13:20:20 By : Ms. May Xie

Der Pappbecher muss „uncool“ werden, hofft Umweltsenatorin Günther. Im März startet daher entlang der U2 und S-Bahn ein Mehrwegsystem für den Kaffee unterwegs.

9000 Verkaufsstellen bieten in Berlin „Coffee to go“ an, 170 Millionen Kaffee-Einwegbecher landen jährlich im Müll. Den Einstieg in den Ausstieg aus diesem Ökodesaster verkündete Berlins Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) am Montag.

Im März startet die Umweltverwaltung ein Pilotprojekt für Mehrwegpfandbecher in Berlin. Zunächst soll es die Pfandbecher in Cafés und Bäckern entlang der U-Bahn-Linie 2 und der S-Bahn zwischen Westkreuz und Ostkreuz geben. Die Münchener Firma „Recup“ wird im Einzugsbereich der beiden Linien ein Kreislaufsystem mit Pfandbechern etablieren, kündigte Günther am Montag an.

[Berlinweit nutzen 250 Verkaufsstellen die Mehrwegpfandbecher von Recup. Alle Verkaufsstellen, die in Berlin das Mehrwegbecherpfandsystem von Recup nutzen und/oder beim „Better World Cup“ mitmachen, sind auf dieser interaktiven Karte zu finden.]

Neu ist dabei der Aufbau einer Spüllogistik: Gebrauchte Becher werden abgeholt, gespült und saubere Becher wieder ausgeliefert – und zwar per Lastenrad. So können auch Verkaufsstellen ohne eigene Spülmöglichkeiten an dem Mehrwegbecherpfandsystem teilnehmen, sagte Recup-Geschäftsführer Florian Pachaly. Dies sei bislang die größte Hürde, dass kleine Verkaufsstellen keine Mehrwegpfandbecher anbieten. 

Ansonsten sei Mehrweg im Kommen und in Mode, sagte Pachaly. Vor drei Jahren noch hätten Cafés Angst gehabt, Kunden zu verärgern, wenn es keine praktischen Einwegbecher mehr gibt. Dies habe sich gewandelt, sagte Pachaly, „wir merken, dass es jetzt im Massenmarkt ankommt: Mehrweg wird ein Thema für die Ketten“.

„Es muss uncool werden, mit einem Pappbecher durch die Gegend zu laufen“, stellte die grüne Umweltsenatorin fest. Diese kosten bislang nur vier bis fünf Cent in der Herstellung. „Die Becher schaden der Umwelt und vermüllen die Stadt“, sagte Günther. Diese Einwegbecherflut müsse eingedämmt werden.

Wie wär's denn mit einer Kaffeetasse statt einem Pappbecher? Wer meint, keine Zeit zu haben sich hinzusetzen, um einen Kaffee zu trinken, braucht eigentlich gar keinen Kaffee trinken.

Klar ist, dass das Pfandsystem mit der Zentral-Spülmaschine teurer sein wird. „Mehrweg war schon immer teurer“, hieß es. Im Frühsommer hatte Umweltministerin Schulze (SPD) angekündigt, „die Hersteller von Einwegbechern künftig stärker zur Kasse bitten“. Die Regierung werde rasch entscheiden, so die Ankündigung im Mai. Im Juni legten die Grünen nach, Fraktionschef Anton Hofreiter forderte ein bundesweites Pfandsystem für Kaffeebecher. Passiert ist nichts.

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Trotz dieser Ankündigungen lebt der „Coffee-to-go“-Einwegbecher. In Berlin sind es nach Angaben des Senats 20.000 Becher pro Stunde, Tag und Nacht. Macht im Jahr 170 Millionen. Allein für die Berliner Becher müssen 2600 Bäume gefällt werden.

Bundesweit sind es 2,8 Milliarden Stück im Jahr, pro Kopf sind das 34. Dies hat das Umweltbundesamt ermittelt. Hinzu kommen 1,3 Milliarden Deckel für die Becher. Diese Deckel sind auch im Berliner Pilotprojekt der Haken am Becher. Da sie sich nicht spülen lassen, muss der Deckel gekauft und vom Kunden mitgebracht werden. „Der Deckel hat zu viele Kanten“, bedauerte Pachaly: „Es fehlt eine kreative Idee für einen spülbaren Deckel.“

Das Berliner Pilotprojekt wird zunächst nur ein Kaffeetropfen sein. So wie die Initiative „Better World Cup“, die bereits 2017 von der Umweltverwaltung initiiert worden war. Berlinweit machen bislang 1100 Verkaufsstellen mit. Kunden, die ihren eigenen Becher mitbringen, erhalten bei der Befüllung 10 oder 20 Cent Rabatt. Das neue Projekt hat bislang 50 Kunden ohne eigene Spülmaschine gewonnen.

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