Zuverlässigkeit von Frühschwangerschaftstests

2022-09-03 10:36:58 By : Ms. Cathy wu

Von Mona Abdel-Tawab, Hanna Bröckelmann, Andrea Roth und Manfred Schubert-Zsilavecz /  Um möglichst früh eine potenzielle Schwangerschaft festzustellen, eignen sich Urin-Schnelltests. Voraussetzung ist eine hohe Sensitivität des Schwangerschaftstests. Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) ging der Frage nach, ob die in Apotheken und Drogerien erhältlichen Frühschwangerschaftstests tatsächlich die Sensitivität erreichen, die auf der Packung deklariert ist.

Die Palette der verfügbaren Schwangerschaftstests in Apotheken und Drogerien ist groß und reicht von herkömmlichen Schwangerschaftstests bis hin zu Frühschwangerschaftstests. Alle Schwangerschaftstests basieren auf der Bestimmung des Schwangerschaftshormons Humanes Chorion­gonadotropin (hCG) im Urin. 

Dieses Peptidhormon wird zur Erhaltung der Schwangerschaft nach der Befruchtung von Trophoblastzellen in der sich bildenden Plazenta produziert und bewirkt die verstärkte Bildung von Estrogenen und Gestagenen, was für die Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft notwendig ist. Es besteht aus zwei nicht-kovalent miteinander verbundenen Untereinheiten, der α-Untereinheit (α-hCG mit 92 Aminosäuren) und der β-Untereinheit (β-hCG mit 145 Aminosäuren). Während die α-Untereinheit auch in weiteren Hormonen wie dem follikelstimulierenden Hormon (FSH), dem luteinisierenden Hormon (LH) und dem thyreotropen Hormon (TSH) vorkommt, ist die β-Untereinheit spezifisch für hCG.

Im Verlaufe einer normalen Schwangerschaft kann hCG schon acht Tage nach der Empfängnis in einer Konzentration von circa 10 mIU/mL im Serum nachgewiesen werden. Mit dem weiteren Verlauf der Schwangerschaft verdoppelt sich in den ersten Wochen die Konzentration etwa alle zwei Tage im Blut bis sie etwa zwischen der 9. und 10. Schwangerschaftswoche ihr Maximum von 100 000 mIU/mL erreicht. Anschließend sinkt die hCG-Konzentration auf stabile Werte um die 20 000 mIU/mL bis zum Ende der Schwangerschaft ab (1). Bedingt durch die intra- und interindividuelle Variation in der Länge der follikulären Phase können in Studien, die sich bei der Kalkulation der Schwangerschaftsdauer auf die letzte Monatsblutung beziehen, die oben genannten Werte sehr stark schwanken. Im Urin liegt die hCG-Konzentration neun Tage nach der Empfängnis bei circa 0,93 mIE/mL. Auch hier steigen die Werte stetig an, bis sie 45 Tage nach der Empfängnis ein Plateau erreichen (1, 2). Im Allgemeinen sind die hCG-Werte im Urin jedoch niedriger als im Blut (3).

In der Rubrik Originalia werden wissen­schaftliche Untersuchungen und Studien veröffentlicht. Eingereichte Beiträge sollten in der Regel den Umfang von vier Druckseiten nicht überschreiten und per E-Mail geschickt werden. Die PZ behält sich vor, eingereichte Manuskripte abzulehnen. Die veröffentlichten Beiträge geben nicht grundsätzlich die Meinung der Redaktion wieder.

Während es bei dem ersten kommerziell erhältlichen Schwangerschaftstest zur Selbstdurchführung im Jahre 1976 noch zwei Stunden dauerte, bis das Ergebnis vorlag, sind die heutigen Urin-Schwangerschaftstests schnell und einfach zu bedienen. Sie beruhen auf einem immunchromatograhischen Verfahren nach dem Prinzip des Lateral Flow Tests. Wird der Teststreifen mit Urin befeuchtet, bindet das im Urin enthaltene hCG-Antigen an einen im Teststreifen enthaltenen Farbstoff-markierten hCG-Antikörper. Der gebildete hCG-Antigen-Antikörper-Farbstoff-Komplex wandert dann zur Testzone, in der ein zweiter hCG-Antikörper fixiert ist. Dieser immobilisierte Antikörper bindet den wandernden hCG-Antigen-Antikörper-Farbstoff-Komplex und färbt diese Zone an. Der überschüssige Farbstoff-markierte hCG-Antikörper wandert weiter zur Kontrollzone, in der ein Anti-Fc-Antikörper fixiert ist. Dieser immobilisierte Anti-Fc-Antikörper bindet den überschüssigen Farbstoff-markierten hCG-Antikörper und färbt auch die Kontrollzone an. Der letzte Prozess kann nur stattfinden, wenn ausreichend Flüssigkeit in den Teststreifen gelangt ist. Damit stellt die Kontrollzone die richtige Testdurchführung sicher. Während ein normaler Schwangerschaftstest hCG ab einer Konzentration von 25 mIU/mL detektiert, reagiert ein Frühschwangerschaftstest bereits auf geringere hCG-Konzentrationen von 10 mIU/mL, einige Tests sogar auf eine Konzentration von 5 mIE/mL. Damit ist der Frühschwangerschaftstest extrem empfindlich und kann bereits am Tag des Ausbleibens der Periode oder bis zu 6 Tage früher angewendet werden. Bei richtiger Durchführung versprechen viele Hersteller eine Sicherheit von 99 Prozent am Fälligkeitstag der Periode. Um zu testen, ob Frühschwangerschaftstests tatsächlich die auf der Verpackung angegebene Sensitivität (deklarierte hCG-Konzentration) einhalten können, wurden die in Apotheken und Drogerien erhältlichen Frühschwangerschaftstests der folgenden vergleichenden Untersuchung unterzogen.

Abbildung 1: Vorgehensschema bei der Überprüfung der Frühschwangerschaftstests auf Einhaltung der deklarierten Empfindlichkeit

Zur Überprüfung der Empfindlichkeit der jeweiligen Frühschwangerschaftstests wurden hCG-Standardlösungen zu hCG-freiem Urin hinzu dotiert, sodass Endkonzentrationen im Urin von 10, 15 beziehungsweise 25 mIU/mL erhalten wurden. Der vom humanen Schwangerenurin isolierte lyophilisierte hCG-Standard mit der Produktnummer C0434 und Batchnummer SLBS3525V wurde von der Firma Sigma-Aldrich, Saint Louis, USA bezogen. Für die Wiederholungsuntersuchungen an allen im ersten Anlauf negativ abgeschnittenen Teststreifen wurde der WHO Internationale Standard 5th WHO IS Chorionic Gonadotropin (NIBSC code: 07/364), bezogen vom National Institute for Biological Standards and Control (Hertfordshire, England) eingesetzt. Die mittels Radioimmunoassay ermittelte Aktivität des Sigma Standards betrug 18246 IU/mg und die mittels Immunoassay beziehungsweise Bioassay ermittelte Aktivität des WHO Standards betrug 179.1 IU beziehungsweise 162 IU per Ampulle. Der Urin für alle Untersuchungen wurde von derselben nicht schwangeren Mitarbeiterin im ZL vor der Durchführung der Studie gesammelt.

Abbildung 2: Beispiel eines negativ ausgefallenen Tests.

Ergebnis der ersten Untersuchung an der deklarierten hCG-Konzentration von 10 mIU/mL

Insgesamt wurden 15 auf dem deutschen Markt erhältliche Frühschwangerschaftstests vom ZL entweder in Drogerien gekauft oder vom Großhändler bezogen. Eine Übersicht über die getesteten Frühschwangerschaftstests findet sich in Tabelle 1 (Seiten 52 bis 53). Obwohl auch ein Clearblue-Schwangerschaftstest als Schwangerschafts-Frühtest auf dem deutschen Markt erhältlich ist, wurde er in diese Studie nicht mit einbezogen, da die hCG-Konzentration mit 25 mIU/mL ­deklariert ist.

Alle Teststäbchen waren in Schutzbeuteln eingeschweißt und bis auf den Femtest waren alle mit einem Trocknungsmittel versehen. Ebenso war die Gebrauchsanweisung aller getesteten Frühschwangerschaftstests sehr gut verständlich und nachvollziehbar – teilweise auch in mehreren Sprachen gestaltet. Lediglich die Gebrauchsanweisung des Geratherm Early Detect Schwangerschaftstests wies eine sehr kleine Schrift auf.

Neben der Überprüfung auf Einhaltung der deklarierten Empfindlichkeit wurde zusätzlich die Richtigkeit der Anzeige bei einer hCG-Konzentration von 25 mIE/mL nach dem folgenden Vorgehensschema überprüft (Abbildung 1). Von jedem Schwangerschaftstest wurden jeweils drei Teststäbe, möglichst von der gleichen LOT, bei den jeweils angegebenen hCG-Konzentrationen getestet. Im Falle eines negativen Ergebnisses bei der deklarierten hCG-Konzentration wurde der Test unter Verwendung eines WHO-Standards an der deklarierten hCG-Konzentration wiederholt. Unmittelbar vor der Prüfung wurden die Teststäbe aus den Schutzbeuteln entnommen und entsprechend der jeweiligen Gebrauchsinformation dem Test unterzogen. 

Ergebnis der wiederholten Untersuchung an der deklarierten hCG-Konzentration von 10 mIU/mL mit dem WHO Standard (aufgenommen mit einer Mikroskopkamera)

Wurden sowohl die Becher- als auch die ­Urinstrahlmethode in der Gebrauchsanleitung beschrieben, wurde aus hygienischen Gründen die Bechermethode angewendet. Bei der Durchführung wurde besonders auf die in der Gebrauchsanweisung aufgeführten individuellen Eintauch-, Warte- und maximalen Auswerte- beziehungsweise Ablesezeiten geachtet.

Die Anzeigen der getesteten Frühschwangerschaftstests wurden zu der von den jeweiligen Herstellern angegebenen Zeit abgelesen und alle Ergebnisse fotografisch dokumentiert.

Bei allen durchgeführten Tests bildete sich eine positive Kontrolllinie aus, was auf die Richtigkeit der Testdurchführung hindeutet. Wie aus Tabelle 1 (Seiten 52 bis 53) allerdings ersichtlich, verlief die Überprüfung der Empfindlichkeit bei der deklarierten Konzentration nur bei vier der getesteten Frühschwangerschaftstests positiv, wobei in der vorliegenden Studie selbst eine kaum erkennbare Linie als positives Ergebnis gezählt wurde. Alle anderen getesteten Schwangerschaftstests konnten die deklarierte Konzentration von hCG nicht nachweisen. Beispielhafte Fotos von negativen, schwach positiven und klar positiven Ergebnissen der durchgeführten Untersuchungen sind in den Abbildungen 2 bis 4 aufgeführt.

Ergebnis der Untersuchung bei einer hCG-Konzentration von 25 mIU/mL

Bei neun der elf negativen Tests war das Resultat bei einer höheren Konzentration von 25 mIU/mL hCG im Urin jedoch positiv. Alle oben aufgeführten Hersteller beziehungsweise Vertriebsfirmen wurden von den Untersuchungsergebnissen in Kenntnis gesetzt. Die dem ZL vorliegenden Stellungnahmen der Hersteller sind am Ende des Artikels detailliert aufgeführt.

Um einen Einfluss des verwendeten hCG-Standards auf das Ergebnis ausschließen zu können, wurden (auch auf Wunsch diverser Hersteller) alle Frühschwangerschaftstests mit einem negativen Ergebnis bei der deklarierten hCG-Konzentration erneut unter Verwendung des WHO-Standards überprüft. Allerdings wurde auch im wiederholten Versuch die deklarierte hCG-Konzentration bei keinem der 11 zuvor negativ getesteten (in der Tabelle rot markiert) Schwangerschaftsfrühteststreifen als klare sichtbare Linie angezeigt. 

Abbildung 3: Beispiel eines schwach positiv ausgefallenen Tests.

Ergebnis der ersten Untersuchung an der deklarierten hCG-Konzentration von 5 mIU/mL, wobei die schwach positive Linie lediglich im Bild nicht gut sichtbar ist

Lediglich zwei der wiederholt getesteten Frühschwangerschaftstests, nämlich der Alvita Schwangerschaftstest Ultra Früh und der PreSense Schwangerschaftsfrühtest, wiesen bei der deklarierten Konzentration eine noch vertretbare sehr schwache farbige Linie auf, die als positiv bewertet werden kann. Bei sechs der wiederholt getesteten Schwangerschaftsfrühtests (Cyclotest Schwangerschaftsfrühtest, Frühtest Schwangerschaftstest, Schwangerschaftstest Frühtest dr. bosshammer Pharma GmbH, Gehe Balance Schwangerschaftsfrühtest, Geratherm Early Detect und Optimac Schwangerschaftsfrühtest) war nur mit gutem Willen eine kaum sichtbare Linie erkennbar. 

Allerdings konnte diese selbst bei sofortiger Aufnahme mittels einer Mikroskopkamera nicht festgehalten werden. Derartige Ergebnisse wurden in der vorliegenden Studie als negativ bewertet, da es keiner Anwenderin zuzumuten ist, eine Schlussfolgerung basierend auf solch extrem schwachen Anzeigen zu treffen. 

Ergebnis der Untersuchung bei einer hCG-Konzentration von 25 mIU/mL

Interessanterweise wies die verwendete LOT 20150705 des Frühtest Schwangerschaftstest (Hersteller: Nantong China/Vertrieb: Velag Pharma GmbH) im Wiederholungstest im Vergleich zu der zuvor getesteten gleichen LOT eine höhere hCG-Konzentration von 15 mIU/mL bei der Sensitivitätsangabe in der Gebrauchsinformation, nicht aber auf der äußeren Verpackung auf. Offensichtlich wurde ein Teil dieser LOT mit der im Januar 2016 neu überarbeiteten Gebrauchsinformation bestückt, ohne die äußere Verpackung an die geänderte Angabe in der Gebrauchsinformation anzupassen. Damit herrscht allerdings bei dieser LOT eine Diskrepanz zwischen den Angaben auf der Verpackung und denen in der Gebrauchsinformation. Bei den restlichen drei der wiederholten Schwangerschaftstests (Graviquick Schwangerschaftstest, Yes or No HCG 10 mIU Frühtest und Schwangerschaftsfrühtest Aristo) war selbst mit sehr gutem Willen keine Verfärbung im Testfeld erkennbar.

Abbildung 4: Beispiel eines klar positiv ausgefallenen Tests.

Ergebnis der ersten Untersuchung an der deklarierten hCG-Konzentration von 10 mIU/mL,

Alle Tests weisen in ihrer Gebrauchsinformation darauf hin, dass bei einem negativen Ergebnis, eventuell noch nicht genügend hCG im Urin vorliegt und der Test bei weiterhin ausbleibender Periode zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden sollte. Fällt der zweite Test trotz ausbleibender Periode wiederum negativ aus, wird empfohlen, einen Arzt aufzusuchen. Gleichzeitig werben viele Hersteller aber auch unter Bezugnahme auf diverse herstellereigene Studien mit der hohen Genauigkeit ihres Tests von über 99 Prozent ab dem Fälligkeitstag der Periode (Tabelle 2, siehe www.pharmazeutische-zeitung.de). Dies soll bei der Anwenderin ein hohes Vertrauen in das Produkt erzeugen.

Die Ergebnisse der vom ZL durchgeführten Studie müssen als unbefriedigend bewertet werden. So reichte die Sensitivität bei 73 Prozent der getesteten Frühschwangerschaftstests nicht aus, um die deklarierte hCG-Konzentration zu detektieren. Zieht man die zwei in den Wiederholungstests als positiv bewerteten Schwangerschaftstests ab, ist eine zweifelsfreie Anzeige einer Schwangerschaft bei 60 Prozent der getesteten Schwangerschaftsfrühtests nicht möglich. 

Ergebnis der Untersuchung bei einer hCG-Konzentration von 25 mIU/mL

Lediglich 27 Prozent der getesteten Frühschwangerschaftstests (in der ersten Versuchsreihe) und 40 Prozent bezogen auf die Wiederholungstestung waren hierzu in der Lage, wobei auch bei den Letzteren eine Fehlinterpretation aufgrund der schwach ausgeprägten Linien nicht ausgeschlossen werden kann. Um 95 Prozent der Schwangerschaften am Tag des Ausbleibens der Periode richtig erkennen zu können, muss, wie von Cole et al. auf rechnerischer Basis ermittelt, ein Schwangerschaftstest in der Lage sein, mindestens 12,4 mIE/mL hCG durchgehend detektieren zu können (4). Das ist in der vorliegenden Studie nicht bei allen getesteten Frühschwangerschaftstests der Fall. Die Ergebnisse dieser Studie unterscheiden sich nicht von früheren Studien, die auch auf eine starke Variabilität in der analytischen Leistungsfähigkeit der einzelnen Schwangerschaftstests hinweisen. So konnten in der Studie von Gnoth et al. zur Leistungsfähigkeit von Schwangerschaftstests auf dem deutschen Markt drei der neun getesteten Schwangerschaftstests die deklarierte Konzentration von 10, 12 und 25 mIE/mL nicht detektieren (1). Ebenso kamen Cole et al. in ihrer Studie zur Validität von Urin-Schwangerschaftstests zum Zeitpunkt des Ausbleibens der Periode zur Erkenntnis, dass nur einer von 18 getesteten Schwangerschaftstests eine Konzentration von 12,5 mIU/mL detektieren konnte (4).

Wie aus Tabelle 2 (siehe www.phar mazeutische-zeitung.de) ersichtlich, geben 11 von 15 der getesteten Frühschwangerschaftsteststreifen dennoch eine Zuverlässigkeit von > 99 Prozent ab dem Fälligkeitstag der Periode an, zwei Tests zusätzlich eine reduzierte Zuverlässigkeit bei Durchführung des Tests zu einem früheren Zeitpunkt. Lediglich vier Tests machen keine prozentualen Angaben zur Zuverlässigkeit.

Detailliertere Angaben zum angewendeten Verfahren zur Überprüfung der Sensitivität finden sich allerdings nur in wenigen Gebrauchsanweisungen der getesteten Schwangerschaftstests. Ein Beispiel hierfür ist die Gebrauchsanweisung des Cyclotest Schwangerschaftsfrühtest, wo sich die angegebene diagnostische Empfindlichkeit (positive Übereinstimmung mit dem Referenzverfahren) und die diagnostische Exaktheit (negative Übereinstimmung mit dem Referenzverfahren) auf Vergleichsstudien mit einem zugelassenen Labor-Gerät in verschiedenen klinischen Referenzlaboren beziehen. Zusätzlich sind die Ergebnisse von Messungen in hCG-Standardlösungen (0 mIU/mL, 5 mIU/mL, 10 mIU/mL, 25 mIE/mL und 100 mIU/mL) unter Verwendung von jeweils 10 Teststäben aus drei Chargen als Nachweis der Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit aufgeführt. Die bei dem GraviQUICK Schwangerschafts-Frühtest und dem Schwangerschaftsfrühtest Aristo angegebene Genauigkeit von > 99,9 Prozent (entsprechend einer diagnostischen Sensitivität und diagnostischen Spezifität von 100 Prozenz) bezieht sich laut Angaben des Herstellers auf Vergleichsanalysen mit anderen handelsüblichen Schwangerschaftstests. Ebenso wurden bei beiden die Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit analog des angewendeten Verfahrens im Falle des Cyclotest Schwangerschafts-Frühtest überprüft. Auf die Übereinstimmung der Ergebnisse mit einem anderen kommerziell erhältlichen hCG-Test als Beleg der angegebenen Genauigkeit von 99 Prozent verweist auch der Geratherm early detect. Alle anderen Tests machen keine Angaben, wie das Ergebnis der prozentualen Genauigkeit zustande gekommen ist.

Eine Zuverlässigkeit von 99 Prozent ab dem Tag der erwarteten Periode bedeutet demnach, dass bei Anwendung des entsprechenden Schwangerschaftstests in Studien mit schwangeren und nicht schwangeren Frauen am Tag der Fälligkeit der Periode in 99 Prozent der Fälle eine richtige Aussage getroffen worden ist. Im Bezug auf einen anderen kommerziell erhältlichen hCG-Test bedeutet die Genauigkeitsangabe von 99 Prozent, dass in 99 Prozent der Fälle übereinstimmende Aussagen getroffen werden konnten. Allerdings ist aus den Angaben des Herstellers nicht ersichtlich, welche hCG-Konzentrationen tatsächlich im Urin der getesteten Studienteilnehmer vorlagen oder als Grundlage für den Vergleich mit anderen kommerziell erhältlichen hCG-Tests dienten.

Während durchaus unterschiedlich detaillierte Angaben zur Zuverlässigkeit der verwendeten Schwangerschaftstests zu verzeichnen sind, fällt auf, dass alle getesteten Frühschwangerschaftstests ein CE-Zeichen mit einem vierstelligen Code für die jeweilige benannte Stelle aufweisen. Dies ist nicht verwunderlich, da Schwangerschaftstests als In-vitro-Diagnostika (IVD) zu einer Untergruppe der Medizinprodukte zählen und damit der europäischen Richtlinie 98/79/EG (in vitro diagnostic directive oder IVDD genannt) unterliegen. Demnach müssen alle IVD die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der Richtlinie erfüllen und bei ihrem Inverkehrbringen mit einem CE-Kennzeichen gemäß Anhang X der Richtlinie 98/79/EG versehen sein. Eine wesentliche Voraussetzung für die Konformität mit der EU Richtlinie und damit für die Vergabe des CE-Zeichens ist die Erfüllung der vom Hersteller vorgesehenen Leistung unter Berücksichtigung der Fertigkeiten und Möglichkeiten der Anwender sowie der Auswirkungen der normalerweise zu erwartenden Schwankungen in der Verfahrensweise und der Umgebung der Anwender. Dabei darf das Produkt die Sicherheit der Anwender nicht gefährden. Bei IVD zur Eigenanwendung, wie es bei Schwangerschaftstests der Fall ist, bedingt die Beantragung einer CE-Kennzeichnung die Einbeziehung einer vom Hersteller selbst ausgewählten benannten Stelle, einer sogenannten Zertifizierungsstelle. Bei der benannten Stelle muss es sich um eine akkreditierte in der Europä­ischen Union anerkannte Stelle zur Durchführung von Konformitätsbewertungen handeln, wie beispielsweise den TÜV. Im Rahmen des durchzuführenden Konformitätsbewertungsverfahrens muss der Hersteller eine technische Dokumentation bereithalten, die eine Bewertung des Produkts hinsichtlich dessen Konformität mit den Anforderungen der Richtlinie ermöglicht und eine Beurteilung der analytischen Sensitivität an der deklarierten Nachweisgrenze anhand von Labortests als auch der diagnostischen Sensitivität/Spezifität anhand von klinischen Studien erlaubt. Außerdem wird das nach DIN EN ISO 13485 implementierte Qualitätsmanagementsystem und das angewandte Risikomanagementverfahren durch die benannte Stelle überprüft. Während das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Anhang III.6 lediglich eine Auslegungsprüfung auf Basis reiner Dokumenteneinsicht beinhaltet, wird im Falle eines beantragten Konformitätsbewertungsverfahrens nach Anhang IV das QM-System des Herstellers vor Ort auditiert. Die Wahl des Konformitätsbewertungsverfahrens wie auch die Verantwortung für die Einhaltung aller gesetzlichen Voraussetzungen und die Erfüllung der CE-Kennzeichnung liegt allein beim Hersteller beziehungsweise beim sog. Quasi-Hersteller, der von anderen gefertigte Produkte unter eigenem Namen auf den Markt bringt. Da sehr viele Frühschwangerschaftstests, wie Arzneimittel auch, mittlerweile längst nicht mehr innerhalb der Europäischen Union produziert werden, ist der Vertreiber oft auf die Angaben seines ausländischen Lieferanten angewiesen.

Angesichts der häufig in der Vergangenheit aufgetretenen Probleme mit Medizinprodukten ist nach mehrjährigen Verhandlungen nun die neue EU-Verordnung 2017/746 für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika mit zusätzlichen Vorgaben für die Zulassung und deutlich gestiegenen Anforderungen an die technische Dokumentation und die durchzuführenden klinischen Studien am 25. Mai 2017 offiziell in Kraft getreten. Demnach sollen zukünftige Konformitätsbewertungsverfahren nur noch auf der Basis von Audits vor Ort und nicht mehr basierend auf alleiniger Dokumentenansicht durchgeführt werden. Nach einer fünfjährigen Übergangszeit (bis 26. Mai 2022) wird sie für alle Hersteller von IVD und damit auch von Schwangerschaftstests verpflichtend anzuwenden sein. Inwiefern sich diese neue Verordnung allerdings auf zuverlässigere Angaben auf Frühschwangerschaftstests auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Zum jetzigen Zeitpunkt deuten die Ergebnisse dieser Reihenuntersuchung jedoch darauf hin, dass eine hohe Prozentzahl an Frauen bei der Anwendung eines Frühschwangerschaftstests am Tag des Ausbleibens der Periode oder kurz vorher trotz Vorliegen einer Schwangerschaft ein negatives Ergebnis erhalten könnte. Dies kann gerade im ersten Trimester einer Schwangerschaft gravierende Folgen haben, da notwendige Vorsichtsmaßnahmen, wie der Verzicht auf Alkohol und Nikotin oder die Einnahme von Medikamenten sowie die Anpassung des Verhaltens, dann nicht rechtzeitig umgesetzt werden können. Im Sinne des Verbrauchers sollten daher strengere regulatorische Vorgaben für die Registrierung von Frühschwangerschaftstests in Erwägung gezogen werden.

Zentrallaboratorium der Deutschen Apotheker (ZL), Carl-Mannich-Straße 20, 65760 Eschborn

Schwangerschaftstests zählen zu den häufig genutzten in Eigenanwendung durchgeführten diagnostischen Tests. Die vorliegende Studie hat jedoch gezeigt, dass lediglich 27 Prozent der getesteten Schwangerschaftsfrühtests eine zweifelsfreie Anzeige bei der als niedrigste deklarierte zuverlässig zu vermessende hCG-Konzentration liefern. Vor diesem Hintergrund besteht eine höhere Beratungspflicht seitens der Apotheker und Ärzte bei der Abgabe und der Diskussion der mittels Frühschwangerschaftstests erzielten Ergebnisse.

Die Firma Gecko Pharma Vertrieb widerspricht in ihrem Schreiben vom 30.3.2017 der Untersuchung und Publikation der Daten zu ihrem Yes or NO Schwangerschafts-Frühtest.

Die Firma Omega Pharma hat in ihrem Schreiben vom 31.03.2017 keine Einwände in Bezug auf die Publikation der Daten geäußert. Sie bittet zu beachten, dass das schwach positive Ergebnis bei Dotierung mit 10mIU/mL hCG-Standard den Anforderungen der Firma entspricht. Sie weist auf die Anwendungshinweise hin, die über die Möglichkeit beim Ablesen des Tests aufklärt, dass eine der beiden Linien deutlich schwächer sein kann, das Ergebnis aber dennoch positiv ist. Die Linie ist stärker sichtbar bei höheren Konzentrationen.

Die Firma IMCARMED GmbH (Vertreter der Firma MEDPRO GmbH in fachlichen Fragestellungen und verantwortlich für die Qualitätsüberwachung) hat die falsch-negativen Ergebnisse mit Proben von drei verschiedenen Chargen Optimac® Schwangerschafts-Frühtestesten an den Hersteller Humasis weitergeleitet. In dem auch an das ZL am 3.4.2017 weitergeleiteten offiziellen Bericht des Herstellers wurden ordnungsgemäß gelagerte Rückstellmuster der genannten drei Chargen sowohl mit dem im ZL verwendeten Sigma-Aldrich-Standard, als auch mit dem für solche Zwecke empfohlenen WHO-Standard 5th IS beim Hersteller untersucht. Aus beiden Standards wurden mit Urin gesunder, nichtschwangerer Frauen Proben hergestellt, die rechnerisch den Konzentrationen 15 und 25 mIU/mL entsprachen. In allen Fällen wurden die erwarteten positiven Ergebnisse erzielt.

Als Schlussfolgerung bleiben für die Firma zwei Möglichkeiten für die Diskrepanzen:

Basierend auf den übersandten Unterlagen und auch dem seit Jahren problemlosen Vertrieb dieser Tests widerspricht die Firma IMCARMED einer Veröffentlichung der negativen Ergebnisse.

Die Firma NanoRepro AG hat als Reaktion auf den Bericht des ZL zu der Reihenuntersuchung Schwangerschafts-Frühtest Rückstellmusterprüfungen der beanstandeten Chargen der beiden Schwangerschaftstests mit hCG-Konzentrationen von 10 mIU/mL, 25 mIU/mL und 50 mIU/mL unter Verwendung des WHO International Standard Chorionic Gonadotropin (NIBSC code: 07/364) durchgeführt. Die Teststreifen haben bei jeder der getesteten hCG-Konzentrationen eine positive Testlinie (mit steigender Intensität bei steigenden Konzentrationen) angezeigt. Bilder hierzu wurden dem ZL zur Verfügung gestellt.

Die Firma Pharma-Peter GmbH ist über die erzielten Ergebnisse im ZL verwundert und hat dem ZL die Stellungnahme des Herstellers Nantong Egens Biotechnology Co., Ltd am 5. April 2017 zur Verfügung gestellt, in dem er auf die positiven Ergebnisse des Frühtest Schwangerschaftstests bei Testung mit 10 mIU/mL und 25 mIU/mL hCG-Standardlösung in PBS hinweist. Außerdem ist ein Foto eines positiven Tests im Urin ohne hCG-Konzentrationsangabe beigefügt. Bezüglich der schwach ausgeprägten positiven Linien verweist er auf die Testung höherer hCG-Konzentrationen hin.

Die Firma Alliance Healthcare Deutschland AG hat beim Hersteller die Alvita Utra-Early Schwangerschaftstests mit identischen Lotnummern beim Hersteller überprüfen lassen. Alle Tests führten zu einem korrekten Ergebnis. Die Firma kann sich daher die Testergebnisse des ZL nicht erklären und bittet, die Tests für ihr Produkt nochmal zu wiederholen. Als mögliche Ursache für die unterschiedlichen Ergebnisse werden Lagerung/Testung bei Temperaturen außerhalb des Normbereichs, ungenügendes Volumen an Flüssigkeit oder inkorrektes Ablesen der Anzeige genannt.

Die von einigen Herstellern vermuteten Fehler bei der Durchführung als Grund für die erhaltenen falsch-negativen Anzeigen können ausgeschlossen werden, da sich die Ergebnisse selbst bei Verwendung des WHO-Standards im Wesentlichen bestätigt haben und parallel getestete Positivkontrollen positiv ausfielen. Das Problem liegt nach Ansicht des ZL vielmehr in den oftmals sehr schwach ausgeprägten und damit in vielen Fällen nicht erkennbaren farbigen Linien im Testfeld. Dies zeigt sich auch in dem von manchen Herstellern dem ZL zur Verfügung gestellten Bildmaterial aus der Überprüfung der Rückstellmuster. Auch hier ist bei der deklarierten Konzentration keine klare farbige Linie erkennbar. Trotz größter Bemühungen des ZL selbst schwach ausgeprägte Linien, wann immer es vertretbar war, als positiv anzuerkennen, war dies in den meisten Fällen nicht möglich. Selbst eine mikroskopische Betrachtung konnte in fraglichen Situationen keine Klarheit verschaffen. Das ZL ist der Meinung, dass derartige zweifelshafte Anzeigen, die oftmals nur einen Hauch einer farbigen Linie bei niedrigen hCG-Konzentrationen darstellen, keiner Anwenderin eines Frühschwangerschaftstest zuzumuten sind, selbst wenn diese vom Hersteller noch als positiv bewertet werden. Vor diesem Hintergrund fordert das ZL eine Anpassung der deklarierten niedrigsten zuverlässig messbaren hCG-Konzentration in einen höheren Konzentrationsbereich, der eine klare zweifelsfreie Anzeige für die Anwenderin ermöglicht. /